Klaus Lelek Das einzige Mittel gegen die Angst des Menschen vor seinem unabwendbaren Tod ist die Liebeslust. Seit alters her beschäftigen sich Künstler mit dieser so lustvollen Ablenkung: dem Eros. "Der Eros" bedient sich allen künstlerischen Möglichkeiten, die die Kultur und Zeitepoche gerade erlauben. Ob nun Wandbilder aus Ägypten, Holzstiche aus dem Mittelalter oder Gemälde ab dem 16. Jahrhundert,... - So auch der Kunstform des 20. Jahrhunderts: den Comic. Gar vielfältig wie die Menschen selbst, so unterschiedlich sind die Verfahrensweisen, die Erzählform und die Intensität des Geschilderten in modernen "Eros"-Comic. Einen weniger bewanderten - oftmals unwegsamen - Pfad der lustvollen Unterhaltung geht der 1954 geborene Autor, Zeichner, Maler und Illustrator Klaus Lelek. Mit seinem Comic-Album "Das kleine Kloster am Ufer der Meuse - ein Lothringisches Decameron" (zu bekommen u.a. bei amazon.de) verbindet der Künstler in geschickter Weise eine historische, lustvolle und satirische Erzählung aus dem späten 17. Jahrhundert mit einer ungewöhnlichen - aber dem Thema angemessen - überaus stimmigen optischen Präsentation. Jede Seite ist eine Hommage an die Maler und Illustratoren des 18./19. Jahrhunderts; wie z. B. eines George Grosz oder Thomas Rowlandson - bzw. den unzähligen anonymen Künstlern, die mit flüchtiger, geschickter Hand ihrer Fantasie freien Lauf ließen. Diese Kombination aus historischen Fakten und Anspielungen, der drallen, lustreichen Erotika und den schwungvollen, skizzenhaften Zeichnungen machen das Album als Gesamtheit so interessant. Die Authentizität macht sogar vor den "Sprechblasen" nicht halt und so wird die Geschichte in einer Mischung aus deutsch, moselfränkisch und französisch erzählt - ganz dem Ort und Zeit der Handlung angemessen. So schreibt der Künstler selbst: "Das kleine Kloster am Ufer der Meuse" ist ein Lothringisches Decameron. Paris zur Zeit der Französischen Revolution. Der Saarbrücker Benediktinermönch Michel Puderbach sitzt im Gefängnis Abbaye und wartet auf seine Hinrichtung. Er hat den Liebling von Robbespierre verführt. Nun droht ihm die Guillotine. Noch einmal lässt er sein Leben Revue passieren. All seine Gedanken kreisen um den Ort "Pechesviller sur Meuse", eine typische Französische Kleinstadt, wie man sie aus einschlägigen Filmen kennt. Hier treibts jeder mit jedem. Am schlimmsten sind der laszive Monsieur Bouc, Abbe des Benediktinerklosters und seine üppigen Mätressen Therese und Marianne. Was für ein Glück für Michel, daß es noch den schwulen Prior Pater Paul gibt, sonst wäre es in dieser heterosexuellen Lasterhölle nicht auszuhalten. Da Lothringen erst seit einer Generation (Dank den freundlichen Truppen Ludwig des XIV) zur "Grand Nation" zählt, sprechen die Akteure ein grottenschlechtes Französisch, besser gesagt eine Melange aus Moselfränkisch und Französisch. Eine Beleidigung also für alle frankophilen Sprachperfektionisten, und vor allem für Französischlehrer. Wer dagegen Sinn für Humor hat, wird in dieser "billingue bande dessinee" auf spielerische, heitere Art soviel von der edlen Sprache lernen, daß er sich problemlos in Straßburg und vielleicht sogar in Paris einen Cafe bestellen kann. Ob es für einen Flirt mit der Bedienung reicht, hängt von der Toleranzschwelle der Dame ab und von deren Deutschkenntnissen." Doch lassen wir den kreativen "Artiste" nun selbst zu Wort kommen: Zuerst wäre es sicher interessant etwas mehr über den Menschen und Künstler "Klaus Lelek" zu erfahren; sprich Ereignisse im Lebenlauf, entwickelte Leidenschaften die den künstlerischen Antrieb und die Gedanken hinter dem "Projekt" "Das kleine Kloster am Ufer der Meuse" besser verstehen lassen Was gab den Ausschlag, die Geschichte um "das kleine Kloster" als Comic - bzw. in Comicform - zu verarbeiten. Welche Erfahrungen haben Sie mit Comic, bzw. mit erotischen Comic? Ab wann wurden die Themen Historie/Geschichte, Erotik/Eros (in Bild und Text) für Sie als Künstler interessant? Gibt es "Fetische", die Sie besonders verfolgen und hier nennen wollen? Eine Art Vorläufer für "das kleine Kloster" war/ist der historisch erotische Roman "das Ammenmärchen", das bereits mit Illustrationen ausgeschmückt wurde. Erläutern Sie uns bitte in kurzen Worten den Inhalt der Erzählung, sowie "die Geschichte hinter der Geschichte"; sprich welche "Botschaften" wollen Sie dem Leser mit "dem Ammenmärchen" näher bringen? Der Roman, der sprachlich den sinnlichen Galanterie-Romanen des 18. Jahrhunderts folgt (Laurence Sterne, usw.) ist sehr vielschichtig und umfasst neben der Historie die gesamte Melange der Barockwelt. Allegorie, Aberglaube. Philosophie. Hauptschwerpunkt ist freilich der erotische, psychologische Aspekt. Die Amme ist Synonym für die zwei Seiten weiblicher Sexualität. Den Mütterlichen Trieb, der dazu führt, daß Sie den Ratsherren immer noch säugt und ihn dadurch in Abhängigkeit und Hörigkeit gefangen hält, und ihrem sexuellen Verlangen, daß eigentlich nur der alte erfahrende ehemalige Landsknecht im vollen Umfang befriedigen kann... So sagt der alte Diener: "Ist gut mein junger Herr! Der obere Teil (der Amme) soll künftig Dir, der untere mir gehören..." Mit der Zeit freilich werden die Karten immer wieder neu gemischt, denn das Ammenmärchen ist zugleich ein "Entwicklungsroman"... Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Die Geschichte um "das kleine Kloster" ist noch nicht abgeschlossen, was der Zusatz "Teil 1: Part I: Marianne et Therese" vermuten lässt. Wie geht es weiter? Wird es weitere Alben geben? Was die drei dort so alles am Ufer der Meuse treiben, will ich nicht verraten, nur soviel, daß dabei ein „"ampfwagen“" eine Erfindung von Jaques, eine entscheidende Rolle spielt. Ob es jemals auf den Markt kommt, hängt vor allem davon ab, wie sich Teil I verkauft. Die Presse und vor allem die Erotikszene boykottieren mich (denen bin ich zu intellektuell), den BBW-Leuten bin ich zu erotisch, der Comic-Szene zu individualistisch. Hier sind mehr Stereotypen gefragt. Ich passe halt in keine Schublade. Wie weit kann sich der Leser auf die historisch, geschichtlichen Daten und Ereignisse in Ihren Werken berufen? Wie detailliert ist Ihre Recherche für die Erarbeitung einer Handlung bzw. der Zeichnungen (Kleidung, Orte)? Mischen Sie historische Fakten und Fiktion? Die Geschichte selbst ist so voller Fakten, daß man fast gar nicht zu Fiktionen greifen braucht. Die Wahrheit freilich ist immer unbequem. Bislang kam aus Frankreich noch kein positives Feedback. Allein meine "Melangesprache", die tatsächlich bis ins die 90er Jahre in Lothringen, im Elsaß und Luxembourg gesprochen wurde, finden wahrscheinlich viele Menschen in der Grenzregion als Provokation. Beim Comicfestival in Contwig habe ich quasi "Hausverbot". Das bekam ich sogar schriftlich. Wie entstehen Ihre Comic-Alben? Welche Techniken und Werkzeuge werden verwendet? Welche Vorbilder und Inspirationen in den Bereichen Comic, und/oder Illustrationen, sowie Autoren/Dichter würden Sie spontan nennen? Im Bereich der Autoren hat mich wohl Hesse am meiste beeinflusst. Obwohl ich ihn heute nicht mehr so mag. Politisch verwandt bin ich mit Houellebecq und allen anderen die unbequeme Wahrheiten sagen. Im erotische Bereich sprechen mich besonders die Lateinamerikaner an. "Lob der Stiefmutter" usw. Ich mag keine Schwanzverliebten und in die eigenen Titten verliebten Egomanen, die sich exhibitionistisch ausbreiten. Knisternde Erotik findet zwischen den Zeilen und im Kopf des Lesers statt; nicht in der Hose des Autors. Der Leser ist ja streng genommen ein Voyeur und der Autor ein Mittler, ein Regisseur - einer, der die heimliche Tapetentür öffnet. Ganz gleich ob er Homo, Hetero, Sado-Maso ist oder sonstige sexuellen Vorlieben hat. Die Autoren des 18./19. und frühe Autoren des 20. Jahrhunderts wie etwa D. H. Lawrence (Lady Chatterley) haben diese Kunst hervorragend beherrscht. Auf einigen Webseiten wird ein "langangelegtes Projekt" um den Philosophen Rousseau angesprochen, das 2012 zum 300.Geburtstag des Philosophen erscheinen soll. Um was handelt es sich da? Gibt es andere Interessen/"Hobbys" die bis jetzt hier überhaupt nicht erwähnt wurden? Von welchen Autoren und/oder Künstlern würden Sie ungesehen ein Buch, eine Zeichnung oder ein Comic-Album kaufen? Auch bei großen Künstlern gibt es Werke die schwach sind, oder sich in Stereotypen verlieren. So ging es mir bei Georges Bataille, dem literarischen Guru der Sado-Maso-Szene. "Das Blau des Himmels" habe ich nur zur Hälfte gelesen, weil mir die ständige "Kotzerei" nach sinnlosen Alkoholexzessen irgendwann auf die Eier ging. Wenn bis jetzt etwas vergessen wurde zu sagen oder zu fragen. Hier ist die Gelegenheit um versäumtes nachzuholen. Zukunftspläne, Gedanken, Lobpreisungen,... Was wird es sein? Heute muss ich für einen kleinen Link wie ein Bettler auf den Knien rutschen, von einer Rezension ganz zu schweigen. Um so mehr weiß ich Menschen wie Sie zu schätzen... Klaus Lelek (Usingen 16. 2. 2009) Vielen Dank für das interessante Interview UPDATES: 2014: Klaus Leleks neuestes Werk ist die interessante, amouröse Geschichte um den englischen Schriftsteller D.H.Lawrence und seiner deutschen Frau Frieda von Richthofen, die Inspiration für Lawrence berühmtestes Werk "Lady Chatterley´s Lover" war. Links: |
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Die Geschichte selbst ist so voller Fakten, daß man fast gar nicht zu Fiktionen greifen braucht. |
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Die Wahrheit freilich ist immer unbequem. Bislang kam aus Frankreich noch kein positives Feedback. |
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"Knisternde Erotik findet zwischen den Zeilen und im Kopf des Lesers statt" |
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"Der Leser ist ja streng genommen ein Voyeur und der Autor ein Mittler, ein Regisseur - einer, der die heimliche Tapetentür öffnet" |
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